Whistleblowing – Fehlverhalten erkennen und vorhandenes Wissen nutzen – Teil 1

Beim Whistleblowing wird durch eine oder mehrere informierte Person(en) auf Missstände bzw. Gefahren hingewiesen. Das bietet die Chance, vorhandenes Wissen zu nutzen, um Risiken angemessen zu begegnen. Kennen Sie den Pfiff der Murmeltiere, wenn Gefahr droht? Ein oftmals passendes Bild.

Falls Ihnen das zu tierisch ist, gibt es zahlreiche Beispiele aus Politik und Wirtschaft, wo durch Whistleblowing noch größerer Schaden verhindert werden konnte. Allein im Kontext der Pleite der Commerzialbank Mattersburg wurden sowohl die manipulierten Bilanzen der Bank als auch fingierte Sponsoring-Verträge und wertvolle Geschenke durch Hinweisgeberinnen bzw. Hinweisgeber aufgedeckt. Jetzt fragen sich viele, wie die Malversationen so lange unentdeckt bleiben konnten. Zu Recht. Aber der Fall zeigt auch, dass Whistleblowing dazu dient, Aufmerksamt auf Fehlverhalten oder Risiken zu lenken, wenn andere (Kontroll-)Maßnahmen nicht funktionieren oder fehlen. Das gilt sowohl für private Unternehmen, Vereine, etc. als auch für den öffentlichen Sektor, wie Städte und Gemeinden, samt deren ausgegliederten Unternehmen, und auch für Behörden und Gerichte.

Der richtige Umgang mit potenziellen Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern und deren Hinweisen ist für den Erfolg von Organisationen von entscheidender Bedeutung. Daher widmen wir diesem Thema eine Serie, die wir mit diesem Beitrag beginnen. Dabei beschäftigen wir uns ganz allgemein mit Whistleblowing-Systemen, aber auch mit Details zum Arbeitsrecht, Datenschutz und vielem mehr … und natürlich mit der EU Whistleblowing-Richtlinie.


Lassen Sie uns mit einer grundlegenden Frage beginnen:

Wozu braucht es unternehmensinterne Whistleblowing-Systeme?

Zuallererst, weil ein richtig eingeführtes Hinweisgebersystem gut für die Integritäts-Kultur im Unternehmen ist. Wenn die Beschäftigten verstanden haben, dass im Unternehmen Integrität gelebt wird, werden sie in aller Regel froh darüber sein und entsprechend handeln. Das Hinweisgebersystem ist dabei ein wichtiger Aspekt.

Weiters wirkt ein Hinweisgebersystem künftigem Fehlverhalten entgegen, weil die Wahrscheinlichkeit steigt, dass non-Compliance aufgezeigt wird.

Und natürlich können mit Hilfe eines Hinweisgebersystems Missstände einfach aufzeigt werden. Bei einem korrekt implementierten Hinweisgebersystem können sich die Whistleblower auch darauf verlassen, dass ihre Hinweise professionell bearbeitet werden und ihr Hinweis zu angemessenen Maßnahmen führt.

Die Erfahrung zeigt: Nicht jeder Hinweis endet in der Feststellung von Fehlverhalten, aber Erkenntnisse für die Verbesserung von Kontrollen, Prozessen, Schulungen etc. finden sich in der überwiegenden Zahl der Hinweise.

Ein angemessenes Hinweisgebersystem ist daher ein wertvolles Element guter Unternehmensführung.

Obige Ausführungen gelten freilich auch für andere – öffentliche und private – Organisationen. Lediglich erwähnen dürfen wir an dieser Stelle, dass manche Organisationen bzw. Unternehmen gesetzlich zum Betrieb eines Hinweisgebersystems verpflichtet sind. Auch diese Unternehmen sollten die Chancen nutzen, die Hinweisgebersysteme bieten und sich nicht darauf beschränken, die gesetzlichen Minimalanforderungen zu erfüllen.

Unternehmen implementieren Whistleblowing-Systeme, üblicherweise als Teil ihres Compliance Management Systems. Sie haben erkannt, dass interne Meldekanäle die Möglichkeit eröffnen, Missstände frühzeitig zu erkennen und zu beseitigen und Risiken besser adressieren zu können.

Dazu kommt, dass in Deutschland und Österreich immer mehr Behörden Meldekanäle einführen, die es dem Whistleblower ermöglichen, anonym Hinweise abzugeben. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft betreibt bereits seit vielen Jahren ein internetbasiertes Meldesystem, wie auch die Bundeswettbewerbsbehörde und die Finanzmarktaufsicht. Aber auch Medienunternehmen bieten vermehrt Kanäle an, über welche vertrauliche Hinweise auf Fehlverhalten abgegeben werden können.  

Mangels unternehmensinterner Meldemöglichkeiten bleibt (potenziellen) Whistleblowern als einzige Option eine Meldung an eine Behörde oder die Öffentlichkeit. Dies kann für die betroffenen Unternehmen und die betroffenen Personen verheerende Folgen haben, nicht nur in monetärer Hinsicht, sondern auch in Bezug auf das Unternehmensimage und mögliche Strafverfahren.

Im nächsten Beitrag beschäftigen wir uns mit der EU Whistleblowing-Richtlinie und warum Whistleblower geschützt werden müssen.

Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie bestimmte Aspekte beleuchtet haben möchten.

Martin Eckel und Michael Nuster

Ethics & Compliance Insights